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Zoras Geschichte

Mein Name ist Zora, ich bin 24 Jahre alt, studiere Sport und Französisch und bin/war Eiskunstläuferin.

An einem Wochenende in der Trainings-Nebensaison im Mai 2021 wurde ich krank. Meines Empfindens nach, handelte es sich dabei aber nur um eine leichte Grippe, weshalb ich die folgende Woche auch normal auf und neben dem Eis weitertrainierte. Doch Ende Woche fühlte ich mich erneut nicht fit. Ich dachte mir, dass ich wohl nach dem letzten Wochenende zu früh schon wieder mit dem Training begonnen habe. Darauf folgte eine kleine Achterbahn des Befindens, mal ging es mir besser, mal ging es mir schlechter. Da ich sehr starke geschwollene Lymphknoten am Hals hatte und ich auch sehr starke Halsschmerzen hatte, ging ich von einer Angina oder ähnlichem aus. Am folgenden Mittwochabend ging es mir dann so schlecht, dass ich wusste, dass ich am nächsten Morgen unbedingt zum Arzt muss. Ich fühlte mich elend und ich wäre am liebsten einfach zu Hause geblieben, doch ich wusste, dass ich zum Arzt gehen musste, damit es mir endlich wieder besser geht. 

Die Blutresultate beim Arzt zeigten schliesslich, dass ich eine sehr hohe und ungewöhnliche Zahl an weissen Blutkörperchen hatte. Ich wurde folglich sofort im Kantonsspital Glarus (KSGL) angemeldet und meine Mutter fuhr mich gleich dorthin in den Notfall. Im KSGL setzten sie mir bald eine Leitung mit Flüssigkeit, wobei es mir endlich ein bisschen besser ging. Dann begannen die Tests von vorne. Als schliesslich die zuständige Ärztin auf dem Notfall zu mir kam und sagte, dass ich mit dem Rettungswagen nach Zürich ins Unispital (USZ) muss, weil zu 90% der Verdacht auf Leukämie besteht, realisierte ich kaum noch etwas. Ich brauchte anschliessend mehrere Tage, bis ich schliesslich begriff, was mit mir passierte. Im USZ angekommen begannen die Tests wieder von vorne und schliesslich resultierte die Diagnose akute myeloische Leukämie. Da meine Anzahl weisser Blutkörperchen so hoch waren, musste ich die Nacht auf der Intensivstation verbringen, wo sie mich an eine Maschine hängten, welche die zu vielen weissen Blutkörperchen herausfilterte. 

Am nächsten Tag wurde ich auf die Station verlegt und nach einer Knochenmark-Punktion wurde sofort der erste Chemozyklus eingeleitet. Nach etwa drei Wochen durfte ich endlich eine Woche nach Hause in die «Ferien». Ich konnte mich sehr gut erholen und rückte gestärkt zum zweiten Chemozkylus ein. Während des zweiten Chemozyklus, erwähnten die Ärzte bei mir erstmals die Blutstammzell-Transplantation. Mein Bruder wurde als Spender für mich getestet, doch leider passten wir nur zu 50% zusammen. Somit begannen die Ärzte mit der Suche in der weltweiten Spender:innendatenbank. 

Wiederum knapp drei Wochen später durfte ich nach Hause in die «Ferien» - diesmal sogar fünf Wochen! Zwar musste ich zwischendrin noch eine einwöchige ambulante Erhaltungs-Chemotherapie machen, doch jene vertrug ich recht gut. Am zweiten Tag (3. August) der ambulanten Chemotherapie hatte ich ein Gespräch mit meinem Arzt, der mir verkündete, dass sie eine:n passende:n Spender:in gefunden haben. Ich war sehr dankbar und schöpfte daraus frische Zuversicht!  Eine Woche später bereits ging ich für die Prätransplantations-Tests in USZ und Ende August rückte ich schliesslich für die Blutstammzell-Transplantation ins USZ ein. Der Aufenthalt begann wiederum mit einer Chemotherapie (Vorbereitung auf die Transplantation) und am 1. September 2021 bekam ich meine neuen Blutstammzellen!!! Diesmal dauerte es etwas mehr als vier Wochen, bis ich nach Hause durfte. 

Zu Hause und in unserem Ferienhaus in den Glarner Bergen erholte ich mich gut und konnte an Kraft gewinnen. Auch wenn es manchmal sehr deprimierend war, dass ich nicht an meine Leistungen vor der Krankheit anknüpfen konnte und ich beispielsweise erst drei Monate nach der Transplantation wieder das erste Mal joggen konnte, erfreute ich mich immer sehr an den kleinen Fortschritten. Durch meinen Drang zur Bewegung konnte ich bald schon wieder auf dem Eis stehen und meine Leidenschaft leben und geniessen. Ich war schliesslich sehr überrascht, als ich schon ein halbes Jahr nach der Transplantation wieder alle doppelten Sprünge (zweifach Drehung in der Luft) beherrschte. Mein Körper schien sich an die genauen Bewegungsabläufe zu erinnern und funktionierte ganz automatisch. Zudem durfte ich im Februar 2022 bereits teilweise mein Studium wieder aufnehmen.

Schon bald nach der Transplantation habe ich mich entschieden, dass ich mich gerne persönlich mit einem Brief bei meinem oder meiner Spender:in bedanken möchte. Ich fand es nicht ganz einfach, wie ich alles in einen Brief verpacken könnte, da es dabei Richtlinien zur Anonymität einzuhalten gibt. Im Herbst 2022 schliesslich fand ich die richten Worte. Mir war es sehr wichtig, dass ich mich für diese nicht selbstverständliche Blutstammzellspende (an eine fremde Person!) bedanken konnte und ich versuchte im Brief aufzuzeichnen, was ich alles wieder machen kann und darf, dank der Spende. Ich hoffe sehr, dass der Brief angekommen ist und bin gespannt, ob ich vielleicht auch noch eine Antwort erhalten werde.

Nun, etwa eineinhalb Jahre nach der Transplantation, habe ich den Bachelorabschluss in der Tasche und bereits mit dem Masterstudium begonnen. Nebenbei durfte ich im Sommer anfangen mit einem kleinen Pensum Sport (und teilweise auch Französisch) an meinem ehemaligen Gymnasium zu unterrichten. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich wieder gesund bin und mein Leben dank der Blutstammzellspende in vollen Zügen geniessen darf. Auch wenn die letzten zwei Jahre sehr anstrengend und nicht immer schön gewesen sind, blicke ich positiv auf die Zeit zurück. Ich habe gelernt jeden Augenblick mit meinen Liebsten zu geniessen und das zu tun, was ich gerne mache.

Zora